Entscheidungsgründe: Hier die wichtigsten Entscheidungsgründe dieser hoch interessanten Verbandsschiedsgerichtsentscheidung:
1. Grundsatz: Verlust bei Handyklingeln
Zunächst kam das Verbandsschiedsgericht zu dem Ergebnis, dass Handyklingeln grundsätzlich zum Partieverlust für den Spieler führt, dessen Handy klingelt. Es kommt nicht darauf an, welche Handyfunktion das Klingeln auslöst. Einem Schiedsrichter kann nicht zugemutet werden, beim Läuten eines Mobiltelefons nach dessen Ursachen zu fahnden. Der Spieler trägt also immer das Risiko eines klingelnden Handys, wenn er dieses mit ins Spiellokal bringt.
2. Gegner des „Handyklinglers“ gewinnt nicht automatisch
Mit dem Partieverlust für den Spieler, dessen Handy klingelt, ist aber nicht automatisch ausgesagt, dass der Gegner den vollen Punkt erhält. Der Schiedsrichter kann auch je nach den Umständen des Einzelfalls auf ½:0 oder 0:0 entscheiden. Dies ergibt sich aus FIDE-Regel 12.2 b.
3. Zum Ermessen des Schiedsrichters
Ein Schiedsrichter, der irrig davon ausgeht, er müsse bei Handyklingeln dem Gegner automatisch den Siegespunkt zusprechen, handelt ermessensfehlerhaft. Seine Entscheidung ist mit dieser pauschalen Begründung nicht Rechtens. Vielmehr muss der Schiedsrichter genau darlegen, welche Partiewertung er dem Gegner zuschreibt und dies begründen.
4. Sonderfall bei Remisstellungen
Der Umstand, dass Spieler A durch Zugwiederholung das Remis hätte erzwingen können, führt nach Auffassung des Verbandsschiedsgerichts nicht dazu, dem Gegner von Spieler A nur den halben Punkt zuzusprechen. Spieler A stand nämlich in dieser Situation, wie sich herausgestellt hatte, auf Gewinn. Spieler A wartete nur deshalb mit dem zur Stellungswiederholung führenden Zug zu, weil noch eine andere Partie im Gange war. Er wollte den Ausgang dieser Partie abwarten, um dann entscheiden zu können, ob er das sofortige Remis erzwingt oder weiter und auf Gewinn spielt. Aus diesem Grund folgte das Verbandsschiedsgericht der Argumentation von Spieler A nicht, dass seine Partie zum Zeitpunkt des Handyklingelns zwingend zum Remis geführt hätte, weil Spieler A zu diesem Zeitpunkt ja nicht wissen konnte, wie sich die andere Partie weiter entwickeln würde und sich durchaus die Konstellation hätte ergeben können, dass Spieler A seine Partie hätte fortsetzen können oder müssen. Zumindest, so das Verbandsschiedsgericht, sei eine solche Auslegung nicht ermessensfehlerhaft und der Schiedsrichter habe insoweit bei seiner Beurteilung einen Ermessensspielraum entsprechend der FIDE-Regel: „Die Schachregeln können nicht alle Situationen erfassen, die sich im Laufe einer Partie ergeben. Sie setzen unter anderem voraus, dass die Schiedsrichter ihr gesundes Urteilsvermögen einbringen. Ihre Aufgabe ist es, mit Hilfe des Regelwerks eine sportliche, logische und den speziellen Gegebenheiten angemessene Lösung zu finden.“
5. sonstige Ausnahmefälle
Schließlich wies das Schiedsgericht noch darauf hin, dass die Handyregelung nicht dazu führen dürfe, dass ein Spieler den ganzen Punkt erhält, wenn er z. B. mit König und einem einzigen Bauern auf dem Ausgangsfeld gegen König, Dame und Turm seines Gegners kämpfen würde. Damit würde ein ganzes Turnier verfälscht. Dies könne nicht im Sinne einer solchen Regelung sein.
Fundstelle: Archiv des DSB